Der Geseker Kardinal Marx nimmt seinen Preis nicht an

Der gebürtige Geseker Kardinal Reinhard Marx wird das Bundesverdienstkreuz nicht annehmen.

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Eigentlich sollte Bundespräsident Steinmeier die Auszeichnung am Freitag an Marx übergeben. Der Aufschrei von Kirchenkritikern war groß. Die Vertreter der Missbrauchsopfer in der katholischen Kirche hatten die Auszeichnung kritisiert. Marx forderten sie dazu auf, den Preis nicht anzunehmen. Das Bundespräsidialamt wollte die Auszeichnung zunächst trotzdem durchführen. Das auszuzeichnende Engament von Marx und der katholischen Kirche müsse man losgelöst vom Missbrauchsskandal betrachten. Die weitere Aufklärung der Missbrauchsfälle sei nach wie vor eine selbstverständliche Forderung des Staates an die Kirche.

Hier die offizielle Pressemitteilung:

„Meine große Bitte an Sie ist, die Auszeichnung nicht vorzunehmen“

Brief von Kardinal Marx an Bundespräsident Steinmeier zu Verleihung des Bundesverdienstkreuzes

München, 27. April 2021. In einem Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Kardinal Reinhard Marx darum gebeten, die für diesen Freitag, 30. April, angesetzte Auszeichnung mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland nicht vorzunehmen. Zugleich dankte er für die „hohe Ehre der Verleihung“, an der das Staatsoberhaupt „auch in Reaktion auf die öffentliche Kritik wertschätzend und wohlwollend“ festgehalten habe.

„Meine große Bitte an Sie ist, die Auszeichnung nicht vorzunehmen“, heißt es wörtlich in dem Schreiben vom 27. April. „Ich bin überzeugt, dass das mit Rücksicht auf diejenigen, die offensichtlich an der Auszeichnung Anstoß nehmen, und insbesondere mit Rücksicht auf die Betroffenen, der richtige Schritt ist.“ Kardinal Marx erklärte, er wolle damit auch negative Interpretationen verhindern im Blick auf andere Menschen, denen die Auszeichnung zuteil geworden sei. „Selbstverständlich möchte ich auch dem Amt des Bundespräsidenten keinen Schaden zufügen.“

Ihm sei bewusst gewesen, dass die Auszeichnung auch Anlass zur selbstkritischen Betrachtung seines Wirkens und der Arbeit der katholischen Kirche insgesamt sei. „Die Kritik, die nun von Menschen geäußert wird, die von sexuellem Missbrauch im Raum der Kirche betroffen sind, nehme ich sehr ernst, unabhängig von der Richtigkeit der einzelnen Aussagen in Offenen Briefen und in der medialen Öffentlichkeit.“ Im Sinne der Aufarbeitung, der er sich persönlich und als Amtsträger der Kirche verpflichtet habe, „blende ich diese Kritik selbstverständlich nicht aus“.

Der Kardinal äußerte die Hoffnung, dass er mit diesem Schritt vielleicht auch ein Zeichen setzen könne, „dass mir die weitere Aufarbeitung und nach Möglichkeit Heilung im Bereich von sexuellem Missbrauch in Kirche und Gesellschaft ein wichtiges Anliegen bleibt“.

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