Gas-Notfallplan der EU: Darauf haben sich die Mitgliedsstaaten geeinigt
Veröffentlicht: Dienstag, 26.07.2022 16:48
Ein Gas-Sparplan soll innerhalb der EU für Sicherheit bei der Energieversorgung sorgen. Wir erklären euch, auf was sich die EU-Minister geeinigt haben und was die Debatte um Atomkraftwerke damit zu tun hat.

Wie sollen 15 Prozent an Gas bei uns eingespart werden?
Die EU hat sich auf einen Gas-Notfallplan geeinigt. Damit sollen die Mitglieds-Staaten bis zum 31. März 2023 freiwillig mindestens 15 Prozent Gas sparen. Bei Versorgungsengpässen sollen außerdem verbindliche Einsparziele greifen. Viele fragen sich, wie das Deutschland bewerkstelligen soll? Klar ist, dass die Bundesregierung einen Plan entwickeln muss. Denn die Mitgliedsstaaten können selber darüber entscheiden, wie diese 15 Prozent zusammenkommen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat schon angedeutet, wohin das Ganze für uns Verbraucher gehen wird: in öffentlichen Gebäuden soll die Heizung runtergeregelt werden. Auch Mieter müssen eine Mindesttemperatur im Mietvertrag nicht einhalten. Sie dürfen also ihre Heizung runterdrehen um Gas zu sparen. Ein Grad weniger spart allein schon sechs Prozent an Gas. Hauseigentümer müssen ihre Gasheizungen checken lassen. Auch ein sogenannter hydraulischer Abgleich soll vorgeschrieben werden, damit das Heizwasser in den Räumen optimal verteilt wird. Dazu soll es auch Gespräche mit den Arbeitgebern über mehr Homeoffice im Winter geben. "Wir haben Daten vorliegen, die im Bezug auf das letzte Jahr, ungefähr bei 14-15 Prozent sind, nicht temperaturbereinigt. Und wenn Deutschland mehr macht als die 15 Prozent, ist das auch keine Schande", erklärt Habeck.
Da die Nord Stream 1-Pipeline mittlerweile nur noch zu einem Fünftel eingesetzt wird, müssen allerdings Alternativen für genügend Energie im Winter her. Habeck verweist dabei auch auf den Solidaritätsgedanken innerhalb der EU. "Deutschland ist darauf angewiesen, dass Gas aus Norwegen, aus den Niederlanden oder den LNG-Terminals Belgiens kommt", so der Wirtschaftsminister. Man würde es dementsprechend aber auch weiterleiten, beispielsweise nach Österreich oder nach Tschechien.
Atomkraftwerke als Alternative zum Gas?
Werden eventuell deshalb Atomkraftwerk-Laufzeiten verlängert? Das Bundeswirtschaftsministerium hat schon einen neuen Stresstest angekündigt - unter verschärften Bedingungen. Als Ergebnis dürfte dann wohl stehen, dass es ohne eine Laufzeitverlängerung nicht geht, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Deutschland nutzt zum Beispiel noch zu viel Gas, um Strom zu produzieren. Auch die EU übt Druck auf Deutschland aus, sich hier solidarisch zu verhalten. Denn in Frankreich musste zuletzt die Hälfte der Atommeiler wegen Wartungen oder Defekten vom Netz genommen werden - somit exportier Deutschland Strom. Mit Atomstrom könnte man zehn Prozent an Gas sparen, das sonst zur Stromproduktion eingesetzt wird. Zum Strommix trägt die Atomkraft aber nur rund 6,5 Prozent bei. CDU/FDP sind dennoch dafür die Laufzeit zu verlängern. "Das ist ein besonderes Jahr, das muss man so feststellen. Deswegen schauen wir uns das alles ganz genau an", lautet das Versprechen vom deutschen Wirtschaftsminister.
Die geforderte europäische Solidarität erwartet Deutschland am Ende demnach auch bei Gashilfen aus der EU. Das wäre eine Brücke, über die wahrscheinlich am Ende auch die Grünen gehen könnten, obwohl sie eigentlich klar gegen eine Laufzeitverlängerung von AKWs waren und teils immer noch sind.
Autoren: Thorsten Ortmann und Joachim Schultheis