
"Ist dramatisch": Medikamentenmangel im Kreis Soest
Die Situation ist dramatisch und könnte sich jetzt im Herbst nochmal richtig zuspitzen: So beschreibt der Erwitter Apotheker und Apothekensprecher für den Altkreis Lippstadt, Hermann Josef-Brinkmann den aktuellen Medikamentenmangel.
Veröffentlicht: Mittwoch, 25.09.2024 13:28
Apotheker im Kreis Soest warnen vor Medikamentenmangel
Ärzte und Apotheker schlagen Alarm: Aktuell sind knapp 500 Medikamente von Lieferengpässen betroffen, darunter wichtige Präparate wie Antibiotika und Insuline. Besonders in der Erkältungssaison drohten Versorgungsprobleme - auch bei uns im Kreis Soest. Ein Grund für den Mangel ist die Abhängigkeit von den im Ausland produzierten Arzneimitteln. Und auch die Eigenherstellung von Medikamenten gestalte sich für die Apotheken schwierig, weil neben Wirkstoffen manchmal so simple Dinge wie Dosierlöffel oder Abfüllfläschchen nicht lieferbar sind, so Hermann Josef Brinkmann, Apothekensprecher für den Altkreis Lippstadt.
Keine spürbare Entlastung für Apotheken
Das im vorigen Jahr von der Ampelkoalition beschlossene Lieferengpassgesetz bringe bisher leider keine spürbare Entlastung für die Apotheken, sagt zum Beispiel Hermann Josef Brinkmann, Apothekensprecher für den Altkreis Lippstadt. Durch die Engpässe entstünden auch Probleme für Ärztinnen und Ärzte: Patienten müssen häufiger auf andere Medikamente umgestellt werden, wenn das gewohnte Arzneimittel nicht verfügbar ist. Eine solche Umgewöhnung sei in vielen Fällen unproblematisch, könne aber auch - je nach Zusammensetzung des entsprechenden Präparats - vereinzelt zu Beschwerden führen. Vor allem Präparate für Kinder könnten bei einer schlimmeren Erkältungswelle knapp werden.
Lieferengpassgesetz - Was ist das überhaupt?
Bessere Verfügbarkeit von Kinderarzneimitteln
- PRO: Für Kinderarzneimittel darf es keine neuen Rabattverträge mehr geben. Festbeträge werden um 50 Prozent erhöht. Das ermöglicht den Unternehmen eine kostendeckende Produktion. Auf diese Weise hat die Politik die Situation bei den Kinderarzneimitteln stabilisiert. Sie hat verhindert, dass noch mehr Hersteller aus der Produktion ausgestiegen sind.
- CONTRA: Sie hat nicht erreicht, dass weitere Hersteller die Produktion aufgenommen haben. Das Lieferengpassgesetz enthält schlicht zu wenig Anreize, als dass Hersteller in den Ausbau von Produktionsstätten investieren könnten. Und nur das würde wirklich künftige Lieferengpässe verhindern.
- CONTRA: Kinderarzneimittel und Antibiotika machen zusammen nicht einmal 1 Prozent der Arzneimittel aus. Bei allen anderen Arzneimitteln – also bei Blutdrucksenkern, Diabetesmitteln oder Antidepressiva – bleibt die Situation, wie sie ist. Das bedeutet: Für 99 Prozent der Arzneimittel das Problem der Lieferengpässe nicht einmal angegangen.
Leichterer Austausch von Medikamenten in den Apotheken
- PRO: Wenn ein Medikament nicht vorrätig ist, durften Apotheken dem Kunden bisher nicht ohne weiteres ein anderes, vergleichbares Produkt aushändigen. Dies ist bei allgemeiner Medikamentenknappheit ein Problem. Daher erhalten Apotheken durch das Gesetz mehr Spielraum, wenn es um den Austausch von Medikamenten geht. Bei fehlenden Arzneien können Apotheker nun ein äquivalentes Medikament mit dem gleichen Wirkstoff anbieten. Bei einem solchen Austausch erhalten sowohl Apotheken als auch Großhändler einen finanziellen Zuschlag.
- CONTRA: Ersatzarzneimittel selbst herzustellen ist am Ende mit großem Zeit- und Personalaufwand verbunden. Zudem fehlen oftmals Materialen mit denen Mittel hergestellt werden.
Größere Vorrats-Anlegung
- PRO: Das Lieferengpassgesetz verpflichtet Unternehmen dazu, vor Abschluss eines Rabattvertrages einen Sechs-Monats-Vorrat des betreffenden Arzneimittels bereitzuhalten. Heißt: Apotheken können sich einen größeren Vorrat anlegen.
- CONTRA: Viele Apotheker halten das für eine Scheinlösung, denn es bringt weitere Problem mit sich. Denn: Die neue Regelung erhöht den Kostendruck auf die Unternehmen, stellt eine enorme Hürde für den Einstieg in die Versorgung dar und ist bei Arzneimitteln, die immer wieder im Engpass sind, gar nicht zu realisieren. Zudem laufen viele Medikamente nach einer gewissen Zeit ab. Konnten sie nicht verkauft werden, bleiben die Apotheken auf den Kosten sitzen.
Apotheker bitten: Keine Hamsterkäufe tätigen
Hermann-Josef Brinkmann, der Apothekersprecher für den Altkreis Lippstadt befürchtet, dass sich die Situation jetzt im Herbst weiter zuspitzen könnte. Es würde sich lohnen, die eigene Hausapotheke zu überprüfen und nachzufüllen - Auf Hamsterkäufe solltet ihr allerdings verzichten.