
Keine Einigung zum Abtreibungs-Verbot am Klinikum Lippstadt
Seit Februar dürfen am Klinikum Lippstadt keine Schwangerschaftsabbrüche mehr vorgenommen werden - selbst wenn diese medizinisch notwendig sind. Das schreiben die katholischen Träger des jüngst fusionierten Klinikums vor. Dagegen klagt der Chefarzt der Frauenheilkunde. Am Dienstagvormittag (22.04.) war der erste Termin vor dem Arbeitsgericht.
Veröffentlicht: Dienstag, 22.04.2025 14:38
Seit Februar keine Schwangerschaftsabbrüche mehr
Ganz ohne anwaltliche Begleitung erscheint Professor Dr. Joachim Volz am Dienstagvormittag (22.04.) vor dem Arbeitsgericht Hamm. Es sei kompliziert, einem Rechtsanwalt die medizinischen Gründe und seine persönliche Motivation in dieser Sache zu erklären, so Volz auf die Frage, warum er ohne juristischen Beistand für sich verhandelt. Schnell wird klar: Dem Chefarzt der Frauenheilkunde am Klinikum Lippstadt geht es heute nicht um Arbeitsrecht. Sondern um Gerechtigkeit:
„Das ist eine brutale Sache, die medizinische Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch. Sie haben ein Ehepaar da, das sich auf eine Schwangerschaft freut. Wo der Frauenarzt zwar irgendwas verdächtigt hat. Aber ich sage diesem Paar dann: Dieses Kind ist nicht lebensfähig. Und dann soll ich der Frau sagen, "geh mal woanders hin". Es ist wohl jedem verständlich, dass das so nicht gehen kann", so Volz gegenüber Hellweg Radio.
Der Mediziner klagt vor dem Arbeitsgericht gegen eine Dienstanweisung, die er von der Geschäftsführung des Lippstädter Klinikums am 15. Januar erhalten hat. Darin hieß es, ab dem ersten Februar dürften er und seine Kolleginnen und Kollegen keine Schwangerschaftsabbrüche mehr vornehmen - selbst im Falle von Schwangerschaften nicht, in denen das Kind nicht lebensfähig sein wird. Eine Ausnahme gelte nur, wenn das Leben der werdenden Mutter in Gefahr sei. Das Klinikum begründet die neue Regelung mit den Vorgaben der katholischen Träger. Für den Mediziner Volz ein nicht nachvollziehbares Argument. Er bezeichnete die Vorgaben der katholischen Seite am Dienstag als „frauenverachtende, menschenverachtende und verknöcherte Ideologie".
„Die katholische Kirche sieht in einem Schwangerschaftsabbruch nach wie vor einen Mord"
Das sieht die Gegenseite naturgemäß anders. Für das Klinikum Lippstadt ist am Dienstagvormittag Geschäftsführer Franz Fliss in Begleitung des Hamburger Rechtsanwaltes Philipp Duvigneau vor Ort. Der Arbeitsrechtler argumentiert vor allem mit dem Gesellschaftsvertrag, der in Sachen Schwangerschaftsabbruch keinen Spielraum ließe: „Der Gesellschaftsvertrag bindet uns die Hände. Die Gesellschafter machen hier klare Vorgaben." Der vorsitzende Richter konkretisiert das kurz darauf: „Für die katholische Kirche ist Schwangerschaftsabbruch nach wie vor Mord", und ergänzt an Volz gewandt: „Ihr Arbeitgeber kann das nicht gutheißen."
Beim Gütetermin am Dienstagvormittag (22.04.) hätten beide Seiten die Chance gehabt, einen Kompromiss zu finden, ohne dass es zum weiteren Prozess kommen muss. Das ist nicht gelungen. Chefarzt Joachim Volz will weiter gegen das pauschale Schwangerschaftsabbruchs-Verbot am Klinikum vorgehen - notfalls auch verfassungsrechtlich:
„Mein Ziel wird es schon sein, das ganze prinzipiell zu klären. Und ich finde, diese Diskussion fehlt hier in Deutschland. Ich würde mich freuen, wenn wir diese Diskussion anstoßen können. Vielleicht funktioniert das - vielleicht auch nicht. Dann war alles umsonst."
Der Prozess soll im Juli 2025 fortgesetzt werden. Bis dahin wolle er sich doch auch einen Anwalt nehmen, so Volz am Dienstagvormittag.
Autorin: Eva Schulze-Gabrechten
