Wie geht es den Geflüchteten?
Veröffentlicht: Dienstag, 02.08.2022 09:36
Seit Kriegsbeginn in der Ukraine sind viele Tausend Menschen nach Deutschland und in den Kreis Soest gekommen. Über die Lage der Geflüchteten im Kreis Soest.

Seit rund fünf Monaten tobt der Krieg in der Ukraine. Inzwischen sind im Kreis Soest rund 2800 Geflüchtete untergekommen. Die meisten in privaten Unterkünften, weil die Einwohnerinnen und Einwohner Wohnraum zur Verfügung gestellt haben. Seit vielen Wochen ist die Anzahl stabil und schwankt nur wenig. Über die Lage der Geflüchteten hier bei uns.
"Das war Fügung"
Bei Katharina Grow in Niederense gab es ein bisschen Platz, der noch nicht fertig genutzt war. Seit gut zwei Monaten hat er aber seine Nutzung gefunden. Denn über der Garage ist der alte Hobbyraum jetzt eine kleine Wohnung. Mit Kochnische und Badezimmer. Eingezogen sind Katarina und Ruslan, ein Pärchen aus der Ukraine. Die beiden stammen aus einer Stadt, rund 200 Kilometer nördlich von Odessa. Zuerst flüchteten sie nach Albanien, später dann weiter nach Deutschland. Hier ging es dann über Büren weiter in den Kreis Soest. In Niederense fand dann zusammen, was zusammen passt. Denn Katarina aus der Ukraine ist schwanger, und wie der Zufall so will, ist ihre Gastgeberin Katharina auch noch Hebamme:
Sie bereiten sich darauf vor, dass das Kind im Dezember in Deutschland zur Welt kommen könnte. Nicht nur deshalb gehen Ruslan und Katarina auch dreimal in der Woche zum Deutschkurs. Denn die Sprachbarriere ist noch sehr groß. Mit Händen und Füßen, mit Übersetzern auf dem Handy, irgendwie schaffen es alle dann aber doch immer wieder, dass die Verständigung klappt.
Medizin studiert, aber nicht anerkannt
Für Ksenia aus Sumy sind die vergangenen Monate wie für so viele Geflüchtete keine einfachen gewesen. Ihre Familie ist noch in ihrer Heimatstadt in der Ukraine, ihr Zwillingsbruder kämpft an der Front. Die 24-Jährige studierte Medizin in Kiew. Ihr fehlt allerdings noch das letzte Praktikum, damit das Studium auch als abgeschlossen gilt. Durch den Krieg konnte sie es aber nie zu Ende bringen. Durch ein früheres Praktikum in Soest wusste sie, wo sie hin kann. Sie flüchtete in die Börde. In den vergangenen Monaten hat sie in einem Soester Krankenhaus ein Praktikum absolviert:
Lange musste sie in Soest ohne eine Bekannte oder ihre Familie klarkommen. Inzwischen hat sie aber ihre Freundin Daria nach Soest geholt. Die beiden sind nicht nur befreundet, auch Daria konnte ihr Studium als Zahnärztin nicht beenden. Auch ihr fehlt ein letztes Praktikum. So hat Ksenia aber jemanden an ihrer Seite, was das Leben deutlich einfacher macht:
Inzwischen überlegt Ksenia, ob sie zu ihrer Familie fliegen soll. Die ist seit einiger Zeit in Sumy in Sicherheit. Das Heimweh wird immer größer, aber sie weiß, dass sie hier in Soest auf jeden Fall in Sicherheit ist.
VHS und Jobcenter haben viel zu tun
Damit die Geflüchteten auch bei uns im Kreis Soest klarkommen, sind verschiedene Stellen gefordert. Das Jobcenter der Soester Kreisverwaltung ist für alles Finanzielle zuständig. Deswegen haben sie auch den Überblick, wie viele ukrainische Menschen nach Arbeit bei uns suchen. Von den 2800 Geflüchteten hat das Jobcenter bereits rund 2200 betreut, inklusive Kindern. Wie viele allerdings inzwischen erfolgreich in den Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten, ist noch unklar. Das Jobcenter ist erst seit Anfang Juni für die Jobvermittlung zuständig, es gibt noch keine Zahlen dazu, heißt es im Hellweg Radio-Interview.
Bei der Volkshochschule ergibt sich ein ähnliches Bild. In den Sommerferien ist normalerweise eher weniger los. Das ist in diesem Jahr komplett anders, sagt Anja Plesser, Leiterin der VHS im Westkreis. Insgesamt gibt es schon 30 Sprachkurse, wo natürlich nicht nur ukrainische Geflüchtete drin sind, sondern auch noch andere Zugewanderte. Die Stimmung ist in den Kursen oftmals sehr unterschiedlich, viele haben Angst, weil sie meistens noch Verwandtschaft in der Ukraine haben. Aber alle, die an den Kursen teilnehmen, die wollen das auch:
Die Sprachkurse sind für die Menschen aus der Ukraine immens wichtig, damit sie vielleicht auch Arbeit finden können. Denn unter ihnen sind auch viele Fachkräfte. Und da kommt das Jobcenter wieder ins Spiel. Denn das muss oft noch warten, bis klar ist, wie die Qualifikationen aus der Ukraine hier in Deutschland anerkannt werden. Bis dahin ist an manchen Stellen noch ein bisschen Geduld nötig.